Jan Wohlgemuth
Das Problem einer Wortarteneinteilung in der Bahasa Indonesia
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5. Ansätze zur Wortarteneinteilung in der Bahasa Indonesia

Wie bereits eingangs dieser Arbeit gesagt, ist die Wortartenproblematik seit den Anfängen der modernen Sprachwissenschaft thematisiert. Selbstverständlich wurde diese Diskussion nicht ausschließlich auf allgemeiner Ebene geführt, Untersuchungen zu Einzelsprachen wie Sprachfamilien sind ebenfalls schon relativ früh angefertigt worden. Hier möchte ich drei Arbeiten herausgreifen und in ihren Ansätzen vorstellen: Gondas allgemeine Vorüberlegungen, Teeuws Klassifikationsansatz zu den Adjektiva sowie Dreyfuss' Ansatz zu den Substantiva.


5.1 Gonda (1949)

Gonda leitet seinen Aufsatz Prolegomena tot een theorie der woordsorten in Indonesische talen mit der inzwischen oft wiederholten Erkenntnis ein, daß die europäisch geprägte Grammatikterminologie nicht ohne Schwierigkeiten auf das Indonesische anwendbar ist:

"Een der grote moeilijkheden die zich bij de descriptieve gramatika van een Indonesische taal hebben voorgedaan betreft de classificatie van het woord-material, de lexikale Kategoriën, de ‚parts of speech' of woordsorten. Vele auteurs hebben deze moeilijkheden niet of nauwelijks beseft en het Indonesische taalmaterial gewrongen in het traditionele tiendelige schema van de Europese schoolgrammatika [...], zonder te beseffen, dat reeds voor hun moedertaal, Nederlands of Engels, deze indeling hoogst unbevredigend is." (Gonda, S. 275)
("Eine der großen Schwierigkeiten, die sich bei einer deskriptiven Grammatik einer indonesischen Sprache auftun, betrifft die Einteilung des Wortmaterials, der lexikalischen Kategorien, der 'parts of speech' oder Wortarten. Viele Autoren haben diese Schwierigkeiten nicht oder kaum erkannt und das indonesische Sprachmaterial in das traditionelle zehnteilige Schema der europäischen Schulgrammatik gezwängt. [...], ohne zu bemerken, daß bereits für ihre Muttersprache, Niederländisch oder Englisch, diese Einteilung höchst unbefriedigend ist.")

Im folgenden legt Gonda dar, inwiefern es sich äußert, daß die antike Wortarteneinteilung (nach semantisch-ontologischen Kriterien) nicht universell anwendbar ist (vgl. a.a.O., S. 276f), und daß die Frage nach der Auswahl ontologischer Kriterien (bzw. deren Anwendung zur Wortarteneinteilung) kein linguistisches Problem sei (vgl. a.a.O., S. 278), also außerhalb der Disziplin liegt.

Gonda zeigt weiter, daß schon bei einer Betrachtung innerhalb der Indogermania die klassische Wortarteneinteilung zu unterschiedlichen Ergebnissen führt: Skt. rajyati, Lat. rubet sind Verben, die aber ndl. bzw. engl. nur in einer Konstruktion hij is rood bzw. he is red übersetzt werden können.(vgl. a.a.O., S. 279) Hieraus und aus weiteren Beispielen leitet er die Feststellung ab, daß die Rollen von einzelnen Wortarten in anderen Sprachen von anderen Wortarten übernommen werden(vgl. a.a.O., S. 280), und warnt deswegen:

"Wijziging van terminologie helpt niets en blijft en uitflucht zolang men niet begrijpt, dat termen ook geinterpreteerd en gedefinieerd moeten worden in verband met de stof waarop me ze toepast. De terminologie is heus niet belangrijk. Er is niets tegen de traditionele te behouden, maar men dient nauwkeurig te weten wat men er van geval tot geval, d.w.z. van taal tot taal onder verstaat. De inhoud van de term verschilt naar gelang men spreekt over Grieks, Chinees, Maleis of Kwakiutl. Voor alles hoede men zich voor apriorismen, voor het vullen van van te voren aangenommen schema's met Maleis of andere IN[dones]. taalgoed."(a.a.O., S. 283)
("Ändern der Terminologie hilft nicht [weiter] und bleibt eine Ausflucht, solange man nicht begreift, daß Termini auch mit Bezug auf den Stoff interpretiert und definiert werden müssen, auf den sie sich beziehen. Die Terminologie ist von daher nicht wichtig. Es spricht nichts dagegen, die traditionellen [Termini] zu erhalten, aber man muß genau wissen, was man von Fall zu Fall, d.h. von Sprache zu Sprache darunter versteht. Der Inhalt des Begriffs ändert sich, je nach dem, ob man über Griechisch, Chinesisch, Malaiisch oder Kwakiutl spricht. Vor allem hüte man sich vor Apriorismen, davor, die zuvor angenommenen Schemata mit malaiischem oder anderem indonesischem Sprachmaterial zu füllen.")

Gonda untersucht im weiteren Aufsatz die indonesischen Sprachen mit der Fragestellung, inwiefern sich die lexikalischen Einheiten restlos in Wortarten einteilen lassen und welche Prinzipien dieser Einteilung zugrunde liegen.(vgl. a.a.O., S. 284)

Hierbei macht Gonda aber den methodischen Fehler, den Teeuw ihm später anlastet, alle präfigierten Formen mit in die Untersuchung einzubeziehen, und dabei außer Acht zu lassen, daß einige Ableitungsaffixe nicht spezifisch an eine Wortart gebunden sind, sondern entweder mit verschiedenen Wortarten stehen, oder zur Ableitung in verschiedene Wortarten verwendet werden können.(vgl. dazu Teeuw, S. 412 und Gonda, S. 285ff sowie 301)

Zudem ist es m.E. eine umgekehrte Untersuchungsrichtung, ausgehend von den Wortartenwechseln bei Ableitungen auf eine Wortarteneinteilung sowohl der abgeleiteten Formen als auch der Grundformen zu zielen. So hilft denn beispielsweise die Information, daß sich sowohl Verba als auch Adjektiva mittels ke~an zu Substantiva ableiten lassen (vgl. Gonda, S. 305) nicht weiter bei der Einteilung dieser drei Wortklassen. Der verschiedenen damit verbundenen Probleme ist sich Gonda sehr wohl bewußt, wenn er abschließend schreibt:

"[...] — med het voorbehoud evenwel dat bij en nader onderzoek van bepaalde woordkategoriën nog een en ander kann verschuiven: we hebben hier slechts een erste verkenning en globale behandeling geboden." (Gonda, S. 329)
(" — unter dem Vorbehalt jedoch, daß sich durch eine genauere Untersuchung einzelner Wortarten noch das eine oder andere verschieben kann: wir haben hier lediglich eine erste Erkundung und generelle Behandlung vorgelegt.")


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